Umsatzsteuer: Warenlieferung über Amazon

Liefert ein Verkäufer Waren über die Internetseite der Amazon Services Europe s.a.r.l. (Amazon) im Rahmen des Modells "Verkauf durch Händler, Versand durch Amazon", ist der Leistungsempfänger der Warenlieferung des Verkäufers nicht Amazon, sondern der Endkunde, dem die Verfügungsmacht am Gegenstand der Lieferung verschafft wird.

Praxis-Beispiel:
Eine niederländische B.V. (vergleichbar mit einer deutschen GmbH) handelt mit Nahrungsergänzungsmitteln, Lebensmitteln für Diäten und Medizinprodukten. Sie verkauft ihre Produkte im Online-Handel innerhalb der EU. Dazu besitzt sie ein niederländisches Lager in X. Der Verkauf an deutsche Kunden erfolgt teilweise über eine eigene Internetseite der B.V. Die Waren werden dann direkt aus dem niederländischen Lager an die Kunden versandt. Zum überwiegenden Teil erfolgt der Warenverkauf jedoch über die Internetseiten von Amazon entsprechend dem "Amazon Services Europe Business Solutions Vertrag". Dabei wurden die Waren im Streitzeitraum auf drei verschiedene Weisen angeboten:

  • Verkauf und Versand durch die B.V.,
  • Verkauf durch die B.V., Versand durch Amazon,
  • Verkauf und Versand durch einen dritten Unternehmer.

Wurde die Option "Verkauf durch die B.V., Versand durch Amazon" gewählt, wurde den Kunden als Impressum und "Info" zum Verkäufer der Firmenname der Klägerin, deren niederländische Rechtsform, deren Handelsregister-Nummer, deren niederländische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer sowie deren niederländische Adresse angezeigt. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Klägerin auch insoweit Lieferungen an deutsche Endkunden ausgeführt habe, als sie am Paneuropäischen Versand im Rahmen der Option "Verkauf durch die B.V., Versand durch Amazon" bzw. "fulfillment by amazon" (Auftragsabwicklung durch Amazon) teilgenommen habe.

Die B.V. hat die Ware nicht an Amazon verkauft, so dass Amazon auch keine Vertragspartei des Kaufvertrags mit dem Endkunden wird. Darauf weist Amazon in den sehr umfangreichen Bedingungen hin. Amazon erbringe an die Verkäufer (d.h. die Händler) als Leistungsempfänger elektronische Dienstleistungen. Die hierfür von Amazon erhobenen Gebühren unterliegen der Umsatzsteuer. Der Ort der sonstigen Leistung von Amazon an die Klägerin liege in den Niederlanden und die Umsatzsteuer für die sonstige Leistung von Amazon wird von der Klägerin als Leistungsempfängerin geschuldet. Mit der Einlagerung der Waren in die Logistikzentren von Amazon führt die B.V. ein innergemeinschaftliches Verbringen aus. Die nach der Einlagerung getätigten Lieferungen an die inländischen Kunden sind steuerbar und im Rahmen der Versandhandelsregelung in Deutschland steuerpflichtig. Gegen das Urteil des Finanzgerichts legte die B.V. Nichtzulassungsbeschwerde ein.

Die B.V. hält die Rechtsauffassung des Finanzgerichts für falsch und stellt die materielle Rechtmäßigkeit in Frage. Das allein rechtfertigt grundsätzlich nicht die Zulassung der Revision. Soweit die Klägerin Ware aus den Niederlanden in ein deutsches Logistikzentrum von Amazon verbracht hat, hat sie damit ein innergemeinschaftliches Verbringen verwirklicht. Dieses innergemeinschaftliche Verbringen in den Niederlanden ist dort entsprechend der deutschen Vorschrift (§ 6a Abs. 2 UStG) steuerfrei. In Deutschland findet ein innergemeinschaftlicher Erwerb (§ 1a UStG) statt, bei dem die B.V. allerdings zum Vorsteuerabzug berechtigt ist (§ 15 Abs. 1 Nr. 3 UStG). Darauf hat auch der Amazon Services Europe Business Solutions Vertrag hingewiesen.

Soweit Waren der B.V. in ein Amazon Logistikzentrum in einem anderen Mitgliedstaat der EU verbracht worden sind, ergibt sich im Ergebnis nichts anderes. Denn die Lieferungen aus den anderen Mitgliedstaaten nach Deutschland sind aufgrund der Versandhandelsregelung ebenfalls in Deutschland steuerbar und steuerpflichtig. Das Verbringen der Ware aus den Niederlanden in die anderen Mitgliedstaaten der EU hat zunächst zu einem innergemeinschaftlichen Verbringen in den Niederlanden mit sich daran anschließenden innergemeinschaftlichen Erwerben in den anderen Mitgliedstaaten der EU geführt. Die Lieferungen der Waren an die deutschen Endkunden ist jedoch nicht in den anderen Mitgliedstaaten der EU steuerbar und steuerpflichtig, sondern gemäß § 3c UStG in Deutschland. Die privaten Abnehmer gehörten zum genannten Personenkreis.

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