Abfindung bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses

Zu den tarifbegünstigten außerordentlichen Einkünften gehört eine Entschädigung, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt wird (§ 24 Nr. 1a EStG). Voraussetzung ist, dass die Entschädigung in einem Jahr zu erfassen ist und dadurch eine erhöhte steuerliche Belastung entsteht. Es liegt somit eine Zusammenballung von Einkünften vor, wenn ein Arbeitnehmer unter Einbeziehung der Entschädigung, die er infolge der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im jeweiligen Jahr insgesamt mehr erhält, als dies bei der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses der Fall gewesen wäre. 

Praxis-Beispiel:
Mit Aufhebungsvertrag vom 23.6.2015 vereinbarten die Arbeitnehmerin und die ehemaligen Arbeitgeber die Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zum 31.3.2016. Die Arbeitnehmerin wurde mit sofortiger Wirkung von der Arbeitsleistung freigestellt. Die Vertragsparteien vereinbarten im Aufhebungsvertrag, dass die Arbeitnehmerin für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung erhält. Ergänzend wurde der Arbeitnehmerin das Recht eingeräumt, das Arbeitsverhältnis vorzeitig mit einer Frist von 4 Wochen zum Monatsende zu kündigen (= sog. Sprinterklausel). Für diesen Fall sollte die Arbeitnehmerin für jeden vollen Monat der vorzeitigen Beendigung 75% des laufenden Bruttomonatsgehaltes als zusätzliche Abfindung erhalten. 

Die Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes behandelte das Finanzamt als begünstigte Entschädigung, nicht aber die zusätzlichen Zahlungen, die ihr erst im Anschluss an die Kündigung gezahlt wurden. Das Finanzamt ist der Auffassung, dass zusätzlich zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses ein neues schadenstiftendes Ereignis hinzugetreten sei. Die daraus resultierende Abfindungszahlung sei getrennt von der Grundabfindung zu beurteilen und stelle keine begünstigte Entschädigung dar.

Von den Finanzgerichten wurde die Frage, ob eine Abfindung, die im Zusammenhang mit der Ausübung einer derartigen Sprinterklausel gezahlt wird, als Entschädigung zu behandeln ist, nicht einheitlich beantwortet. In diesem Fall vertritt das Hessische Finanzgericht den Standpunkt, dass es sich hier ebenfalls um eine Entschädigung handelt, die „als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen“ gewährt wird, also an die Stelle weggefallener oder wegfallender Einnahmen tritt.

Bei Arbeitnehmern muss die Zahlung unmittelbar durch den Verlust von steuerbaren Einnahmen verursacht und dazu bestimmt sein, diesen Schaden auszugleichen. Soweit eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom Steuerpflichtigen selbst ausgeht oder mit dessen Zustimmung herbeigeführt worden ist, können außerordentliche Einkünfte nur dann vorliegen, wenn er unter rechtlichem, wirtschaftlichem oder tatsächlichem Druck stand, sodass er das schadenstiftende Ereignis nicht aus eigenem Antrieb herbeigeführt hat. Zahlt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Zuge der (einvernehmlichen) Auflösung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, ist regelmäßig davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht allein aus eigenem Antrieb herbeigeführt hat.

Die Zahlung der zusätzlichen Abfindung geht ursächlich auf die Auflösung des Arbeitsverhältnisses auf Veranlassung des Arbeitgebers zurück. Die Sprinterklausel gehört zur Auflösungsvereinbarung. Die Zahlung der ursprünglichen Abfindung und der zusätzlichen Abfindung lassen darauf schließen, dass die Arbeitnehmerin die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht aus eigenem Antrieb herbeigeführt hat. Hinzu kommt das Interesse des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis bereits vor dem 31.03.2016 beenden zu können. Das ist daran zu erkennen, dass die Arbeitnehmerin aufgrund der Auflösungsvereinbarung mit sofortiger Wirkung freigestellt wurde. Zudem musste der Arbeitgeber nur noch 75% des monatlichen Bruttogehaltes leisten. Des Weiteren entfiel zusätzlich die Verpflichtung, den Arbeitgeberanteil an den Beiträgen zur Sozialversicherung zu erbringen.

Die beiden Entschädigungsleistungen an die Klägerin sind einheitlich zu behandeln, weil sie beide als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gezahlt wurden. Beide Leistungen wurden im Kalenderjahr 2015 an die Klägerin erbracht. Somit liegen die Voraussetzungen für die Annahme tarifbegünstigter außerordentlicher Einkünfte unstreitig vor.

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