Veräußerung einer freiberuflichen Praxis

Der Gewinn aus der Veräußerung einer freiberuflichen Praxis kann ermäßigt besteuert werden, wenn der Freiberufler die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen seiner bisherigen Tätigkeit definitiv auf einen anderen überträgt. Hierzu muss der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit einstellen. 

Praxis-Beispiel:
Ein Steuerberater hat seine Praxis an eine Partnerschaftsgesellschaft übertragen. Der Steuerberater hatte mit der Partnerschaftsgesellschaft einen zeitlich begrenzten Vertrag über die freie Mitarbeit geschlossen. Der Steuerberater beantragte, den Gewinn aus der Veräußerung seiner Praxis ermäßigt zu besteuern. Das Finanzamt folgte dem Antrag, indem es die ermäßigte Besteuerung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung durchführte. 30 Monate nach der Veräußerung seiner Praxis nahm der Steuerberater erneut eine steuerberatende Tätigkeit auf, die er in seinem häuslichen Arbeitszimmer ausübte. Hieraus erzielte er Umsätze, die unter der Bagatellgrenze von 10% seiner früheren Umsätze lagen.

Das Finanzamt war der Auffassung, der Antragsteller habe nach 30 Monaten in seinem bisherigen örtlichen Wirkungskreis seine selbstständige Tätigkeit wieder aufgenommen. Die "Wartezeit" bis zur unschädlichen Wiederaufnahme von wenigstens drei Jahren sei somit nicht eingehalten worden. Eine Zeitspanne von 30 Monaten reiche nicht, um von einer definitiven Übertragung des Mandantenstammes auszugehen. Die Gewinnung neuer Mandate innerhalb der "gewissen Zeit" durch den Steuerberater Antragsteller sei – auch ohne Überschreiten der 10 %-Grenze – schädlich, da eine Betriebsaufgabe nicht stattgefunden habe. Das Finanzamt berichtigte den Steuerbescheid und macht die ermäßigte Besteuerung des Veräußerungsgewinns rückgängig.

Der BFH hat entschieden, dass es grundsätzlich unschädlich ist, wenn der Veräußerer als Arbeitnehmer oder als freier Mitarbeiter im Auftrag und für Rechnung des Erwerbers tätig wird. Auch eine geringfügige Fortführung der bisherigen freiberuflichen Tätigkeit steht der Annahme einer begünstigten Praxisveräußerung nicht entgegen und zwar auch dann nicht, wenn sie die Betreuung neuer Mandate umfasst. Nach den Feststellungen des Finanzgerichts steht fest, dass der Steuerberater die für die Ausübung seiner selbstständigen Tätigkeit wesentlichen wirtschaftlichen Grundlagen (insbesondere den Mandantenstamm und Praxiswert) entgeltlich auf die Erwerber übertragen hat. Seine steuerberatende Tätigkeit in der bis dahin ausgeübten Einzelpraxis hat der Antragsteller zunächst eingestellt.

Die spätere Aufnahme einer geringfügigen steuerberatenden Tätigkeit ist unschädlich. Eine solche geringfügige Tätigkeit liegt regelmäßig vor, wenn die neuen Umsätze weniger als 10 % der gesamten Einnahmen aus den letzten drei Jahren vor der Veräußerung ausmachen. Die Tätigkeit des Antragstellers im Auftrag und für Rechnung der Praxiserwerber im Rahmen der sog. überleitenden freien Mitarbeit steht dem nicht entgegen. Ob eine definitive Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen vorliegt, hängt neben der Dauer der Einstellung der freiberuflichen Tätigkeit insbesondere von der räumlichen Entfernung einer wieder aufgenommenen Berufstätigkeit zur veräußerten Praxis, von der Vergleichbarkeit der Betätigungen, von der Art und Struktur der Mandate sowie von der Nutzungsdauer des erworbenen Praxiswerts ab. Eine starre zeitliche Grenze, nach der die Tätigkeit steuerunschädlich wieder aufgenommen werden kann, besteht nicht. Dementsprechend ist auch keine "Wartezeit" von mindestens drei Jahren einzuhalten. Je nach den Umständen des Einzelfalls kann ein Zeitraum von etwa zwei bis drei Jahren ausreichend sein.

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