USt-Befreiung für medizinische Telefonhotline

Eine Dienstleistung ist von der Mehrwertsteuer befreit, wenn

  • es muss sich um eine Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin handelt und
  • die Heilbehandlung im Bereich der Humanmedizin von ärztlichen und arztähnlichen Berufen erbracht wird (entsprechend der Definition im betreffenden Mitgliedstaat).

Entsprechend den Vorgaben des EuGH hat nunmehr der BFH entschieden, dass telefonische Beratungen im Rahmen eines Gesundheitstelefons als "Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin" einzustufen sind, wenn sie einen therapeutischen Zweck verfolgen. Dasselbe gilt auch, wenn telefonische Beratungen im Rahmen von Patientenbegleitprogrammen erfolgen. Voraussetzung ist hierbei, dass diese als Patientenschulungen im Rahmen der ergänzenden Leistungen zur Rehabilitation nachweislich einen therapeutischen Zweck erfüllen. Diese Leistungen müssen nicht zwingend von einem Unternehmer ausgeführt werden, der einem der Katalogberufe angehört (§ 4 Nr. 14 Buchst. a UstG). Die erforderliche Berufsqualifikation muss sich auch aus einer berufsrechtlichen Regelung oder daraus ergeben, dass die betreffenden heilberuflichen Leistungen in der Regel von den Sozialversicherungsträgern finanziert werden.

Praxis-Beispiel:
Eine GmbH betrieb im Auftrag gesetzlicher Krankenkassen ein sogenanntes Gesundheitstelefon zur Beratung von Versicherten in medizinischer Hinsicht. Sie führte zudem Patientenbegleitprogramme durch, bei denen bestimmte Versicherte auf der Basis von Abrechnungsdaten und Krankheitsbildern über eine medizinische Hotline situationsbezogene Informationen zu ihrem Krankenbild erhielten. Die telefonischen Beratungsleistungen wurden durch Krankenschwestern und medizinische Fachangestellte erbracht, die größtenteils auch als „Gesundheits-Coach“ ausgebildet waren. In ca. einem Drittel der Fälle wurde ein Arzt hinzugezogen, der die Beratung übernahm bzw. bei Rückfragen Anweisungen oder eine Zweitmeinung erteilte.

Der Ort, an dem die Heilbehandlung erbracht wird, spielt keine Rolle, sodass telefonisch erbrachte Heilbehandlungen unter die Mehrwertsteuerbefreiung fallen können. Für Leistungen im Rahmen der Patientenbegleitprogramme ist der sachliche Anwendungsbereich der Steuerbefreiung dem Grunde nach eröffnet. Es handelt sich um Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, wenn diese als Patientenschulungen im Rahmen der ergänzenden Leistungen zur Rehabilitation nur gegenüber Teilnehmern mit von ärztlichem Fachpersonal diagnostizierter chronischer Krankheit erbracht werden und damit nachgewiesen einen therapeutischen Zweck erfüllen.

Im vorliegenden Fall waren Krankenschwestern und medizinische Fachangestellte, die größtenteils auch als Gesundheitscoach ausgebildet waren, tätig. Sie wurden bei gegebener Relevanz in mehr als einem Drittel der Fälle von Fachärzten unterstützt. Diese Kosten wurden vollständig von gesetzlichen Krankenkassen getragen, woraus grundsätzlich geschlossen werden kann, dass das eingesetzte Personal die erforderliche Qualifikation besaß. Ob eine telefonische Beratung unter den Begriff „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin“ fällt, kann auch nicht davon abhängig gemacht werden, ob eine ärztliche Verschreibung vorliegt.

Fazit: Derselbe Steuerpflichtige kann sowohl Dienstleistungen erbringen, die als Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin von der Mehrwertsteuer befreit sind, als auch andere Dienstleistungen, die steuerpflichtig sind. Ob und inwieweit die telefonischen Beratungen als „Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin“ einzustufen sind, muss das Finanzgericht als Tatsacheninstanz nunmehr nach den Vorgaben des BFH entscheiden.

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