Kettenschenkung: Großeltern – Tochter – Enkel

Überträgt ein Großelternteil ein Grundstück schenkweise auf ein Kind und schenkt das Kind unmittelbar im Anschluss an die ausgeführte Schenkung einen Grundstücksteil an das Enkelkind weiter, ohne zur Weiterschenkung verpflichtet zu sein, liegt keine Zuwendung des Großelternteils an das Enkelkind vor. Dass die Weiterübertragung in einem gemeinschaftlichen Testament der Großeltern vorgesehen ist, reicht für sich nicht aus, um eine Zuwendung des Großelternteils an das Enkelkind zu begründen.

Praxis-Beispiel:
Die Großmutter schenkte ihrer Tochter mit notariell beurkundetem Vertrag ein 1.435 m² großes Grundstück. Dabei behielt die Großmutter für sich und ihren Ehemann ein lebenslanges unentgeltliches Nießbrauchrecht an dem übertragenen Grundstück sowie ein Rückforderungsrecht in bestimmten Fällen vor.

Mit notarieller Urkunde vom selben Tag übertrug die Tochter einen Teil des ihr überlassenen Grundbesitzes, nämlich den ca. 700 m² großen hinteren Grundstücksteil, auf ihre eigene Tochter (Enkelin). Eine Gegenleistung wurde nicht vereinbart. Die Großeltern erklärten sich mit der Schenkung einverstanden und bewilligten und beantragten die Löschung des Nießbrauchrechts und der Rückauflassungsvormerkung für den Grundstücksteil, den ihre Tochter an die Enkelin verschenkte. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass es sich um eine Kettenschenkung gehandelt habe und somit um eine direkte Schenkung der Großmutter an ihre Enkelin.

Wird ein Vermögensgegenstand (Grundstück) durch Schenkung übertragen und überträgt der Beschenkte das Grundstück unentgeltlich auf einen Dritten, ist für schenkungssteuerliche Zwecke darauf abzustellen, ob die weitergebende Person eine eigene Entscheidungsbefugnis bezüglich der Verwendung des geschenkten Gegenstands hat. Erhält jemand als Durchgangs- oder Mittelsperson eine Zuwendung, die er entsprechend einer bestehenden Verpflichtung in vollem Umfang an einen Dritten weitergibt, liegt nur eine Zuwendung aus dem Vermögen des Zuwendenden an den Dritten vor. Wendet aber der Bedachte das ihm geschenkte Grundstück ohne rechtliche Verpflichtung freigebig einem Dritten zu, liegt keine Schenkung des Zuwendenden unmittelbar an den Dritten vor. Vielmehr liegen zwei Schenkungen vor, und zwar vom Schenker an den Beschenkten und vom Beschenkten an eine dritte Person.

Das Finanzgericht hat entschieden, dass allein das Einverständnis der Großmutter mit der Weiterschenkung durch ihre Tochter nicht ausreicht, um eine Zuwendung der Großmutter an ihre Enkelin annehmen zu können. Die familiäre Verbundenheit der Vertragsbeteiligten ist ebenfalls nicht geeignet, die Schenkungen in schenkungssteuerrechtlicher Hinsicht abweichend von der Zivilrechtslage zu beurteilen. Dies gilt selbst dann, wenn die Großeltern ein Interesse gehabt haben sollten, ihr Vermögen nicht nur ihrer Tochter, sondern zum Teil auch ihrer Enkelin zuzuwenden.

Fazit: Es liegen zwei Schenkungen vor – jeweils von der Mutter an die Tochter. Deshalb gilt jeweils der höhere Freibetrag von 400.000 €, sodass keine Schenkungsteuer anfiel. Bei einer Schenkung der Großmutter an die Enkelin gilt nur ein Freibetrag von 20.000 €, sodass in der vorliegenden Situation Schenkungsteuer angefallen wäre.

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