Steuerpflicht von Erträgen aus Schneeballsystem

Von einem Schneeballsystem spricht man, wenn der Betreiber die Anleger mit hohen Zinsversprechen lockt, die er aus dem angelegten Kapital nicht erwirtschaftet. Der Betreiber der Kapitalanlage zahlt die „Zinsen“ dann aus dem Kapital, das von anderen (neuen) Anlegern eingezahlt wird. Da durch die angeblichen Zinszahlungen immer mehr Kapital aufgebraucht wird, bricht dieses System irgendwann zusammen, wobei die Kapitalanleger ihre Einzahlungen ganz oder zumindest teilweise verlieren.

Praxis-Beispiel:
Eine Steuerpflichtige beteiligte sich mit „stillen Beteiligungen“ an einer Aktiengesellschaft in den USA, die keine Bilanzen erstellte und in den USA keine Steuererklärungen abgab. Sie bewarb die Beteiligungen damit, dass die Gelder der Anleger in einen Vermögenspool fließen sollten, aus dem u.a. Großbanken Sicherheitskapital für Finanzgeschäfte zur Verfügung gestellt würden, und stellte hohe Renditen (15,5 %) in Aussicht. Die Steuerpflichtige erhielt neben Kapitalrückzahlungen auch Gut-schriften über Zinserträge, die sie sich teilweise auszahlen ließ und teilweise wieder anlegte. Durch jährliche Mitteilungen über den Stand der Anlagen, die jeweils um eine Rendite von 15,5 % erhöhte Anlagebeträge auswiesen, wurde den Anlegern der Erfolg des Produkts vorgetäuscht. Bis in das Jahr 2010 hinein wurden bei Kündigungen den jeweiligen Anlegern die Einlage samt der vermeintlich erzielten Rendite ausgezahlt. Finanzamt und Finanzgericht gingen davon aus, dass die ausgewiesenen Zinsgutschriften als Kapitalerträge in Deutschland der Besteuerung unterliegen.

Der BFH hält an seiner Rechtsprechung zur Besteuerung von Einkünften aus der Beteiligung an einem sogenannten Schneeballsystem fest. Bei der Beurteilung ist entscheidend, wie sich das jeweilige Rechtsgeschäft aus der Sicht des Kapitalanlegers als Leistungsempfänger bei objektiver Betrachtungsweise darstellt. Das bedeutet, dass der Kapitalanleger

  • die vom Betreiber des Systems als Zinsen geleisteten Zahlungen und 
  • auch die Zinsgutschriften oder die Wiederanlage fälliger Zinsbeträge 

als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern hat.

Laut BFH erzielt der Anleger steuerbare Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht nur dann, wenn Zinsen tatsächlich ausgezahlt werden, sondern bereits dann, wenn Erträge gutgeschrieben und sofort wieder angelegt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass der Betreiber des Schneeballsystems leistungsbereit und leistungsfähig ist. Dies ist der Fall, solange er Auszahlungsverlangen des jeweiligen Anlegers tatsächlich erfüllt. Dann steht der Steuerpflicht der Kapitalerträge nicht entgegen, dass der Betreiber des Schneeballsystems die Auszahlungswünsche sämtlicher Anleger nicht mehr befriedigen könnte, da bereits ein Verlust der Anlagesumme eingetreten ist.

Hinweis: Ob die Besteuerung in Deutschland erfolgt oder das Besteuerungsrecht den USA zusteht, richtet sich nach dem Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen den USA und Deutschland. Da zumindest in einigen Punkten die Zuordnung entsprechend dem DBA unklar ist, muss das Finanzgericht nunmehr prüfen, ob und wenn welche Beträge der Besteuerung in den USA unterliegen. Danach richtet sich dann, wem das Besteuerungsrecht zusteht.

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